Also, in Basel zeigt sich, dass der Eurovision Song Contest mehr ist als nur ein Musikwettbewerb. Den Sieg holte sich ein ehemaliger Wiener Sängerknabe. Aber der eindrucksvollste Auftritt kam von der Israelin Yuval Raphael. Gut, gewonnen hat den 69. Eurovison Song Contest in Basel – 11 Jahre nach Conchita Wursts phönixhaftem Schlageraufstieg – erneut Österreich. Und das erneut mit einem „queeren“ Sänger, noch dazu dem mit der besten Stimme: JJ alias Johannes Pietsch, ehemaliger Wiener Sängerknabe, jetzt Countertenor. Vor vier Monaten stand der 24-Jährige noch an der Wiener Staatsoper in der „Zauberflöten“-Premiere auf der Bühne, jetzt räumte er mit seiner feuchten Powerballade-goes-Techno-Finale-„Wasted Love“ auf der noch größeren Bühne der St. Jakobshalle verdientermaßen ab.

Zweite Siegerin wurde die israelische 7.-Oktober-Überlebende Yuval Raphael, die mit „New Day Will Rise“ ebenfalls auf apotheotische Vokalpower setzte. Die Fachjury hatte sie nur auf Platz 15 gesehen. Dritter Sieger wurde der lange belächelte estnische Beitrag „Espresso Macchiato“ von Tommy Cash, mit Fetthaaren und wabbeligen Twist-Knien, eine der typischen ESC-Gaga-Nummern. Und auch der 4. Platz für den skurrilsten Mitklatsch-Partyhit passte, die von den Wettbüros gehypten Schweden aus Finnland KAJ mit ihrem Loblied auf Saunieren und Würstchengrillen: „Bara Bada Bastu“. Die von den Fachjurys noch auf Platz zwei gewählte Schweizer Lokalmatadorin Zoë Më bekam hingegen null Publikumspunkte für ihr brav-fades, in Großaufnahme geträllertes „Voyage“. Das reichte letztlich nur für Platz 10.

Das Publikum will das Grelle, Glamouröse, Gänsehautmachende
Was zeigt: Im Publikum des größten Musikfestivals der Welt – vermutlich meinungsdominiert von nicht wenigen queeren Menschen – will man das Bunte, Grelle, Glamouröse, Gänsehautmachende. Das wiederum war bei dieser äußerst heteronormativen, insgesamt sehr gleichmacherisch ruhigen ESC-Ausgabe 2025 nur äußerst selten im Angebot. Obwohl der ESC dieses Jahr in höherem Maße die Medien beherrschte als früher, sei es nun aus politischen Gründen wie in der Diskussion um die umstrittene Teilnahme Israels (wo der ESC-Beitrag natürlich patriotisch-politisch verstanden wurde) oder aus künstlerischen. In Deutschland machte der ESC natürlich auch Schlagzeilen, weil Stefan Raab erstmals offiziell für die ARD mitmischte. Aber auch in den anderen Teilnehmerländern von Albanien und Armenien bis Aserbaidschan (wo die Fachjury des muslimischen Landes die Höchstnote für Israel vergab!) und dem vorab ausgeschiedenen Australien wurden die verschiedenen Beiträge genau studiert und verglichen.