Kritik des Rüstungsverband-Chefs an EU-Plänen

Die Münchner Sicherheitskonferenz war Schauplatz für kontroverse Diskussionen über die EU-Pläne, mehr Waffen von den USA zu kaufen. Hans Christoph Atzpodien, der Chef des Bundesverbands der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie, äußerte deutliche Kritik an diesen Überlegungen.
„Niemand wünscht sich Krieg“, betonte Atzpodien. Trotz der gestiegenen Nachfrage nach Waffen nach Russlands Überfall auf die Ukraine sei kein goldenes Zeitalter für die Rüstungsindustrie angebrochen. Vielmehr stehe die Branche vor der Herausforderung, mehr Ausrüstung schneller liefern zu müssen. In den letzten Jahren hätten die Unternehmen ihre Kapazitäten erheblich ausgebaut, oft auf eigenes wirtschaftliches Risiko.

Die politische Mitte in Deutschland, vertreten durch Union, SPD, FDP und Grüne, wirbt im Wahlkampf ebenfalls für höhere Rüstungsausgaben. Atzpodien betonte, dass dies keine Frage des Feierns sei, sondern aus der Verpflichtung gegenüber den Nato-Zusagen für militärische Fähigkeiten resultiere. Die Bundeswehr sei noch nicht ausreichend ausgerüstet, um diesen Verpflichtungen nachzukommen.

Richtungswechsel in der Rüstungsindustrie?

Ein interessanter Aspekt wurde im Gespräch mit Atzpodien über die Kurssteigerungen von Rüstungsunternehmen wie Rheinmetall angesprochen. Die steigenden Aktienkurse seien nicht nur auf das deutsche Geschäft zurückzuführen, sondern spiegelten das Interesse globaler Anleger am Rüstungsmarkt wider. Dabei gelte in Deutschland das öffentliche Preisrecht, das die Gewinnmarge stark begrenze.

Robert Habeck, der grüne Spitzenkandidat, fordert eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Atzpodien äußerte sich dazu kritisch, da solche Richtwerte schwierig seien und die tatsächlichen Bedarfe von der Nato vorgegeben würden. Die Vielfalt der Verteidigungsszenarien erfordere differenzierte Ausgabenplanungen.

Effizienz und Qualität in der Rüstungsindustrie

Die Diskussion über die Effizienz der europäischen Rüstungsindustrie im Vergleich zu Russland führte zu interessanten Einsichten von Atzpodien. Er betonte, dass die Vielfalt der Bereiche, in denen die Nato verteidigungsfähig sein müsse, zu höheren Gesamtausgaben führe. Auch die hohen Qualitätsstandards der deutschen Rüstungsindustrie seien ein wichtiger Faktor.

Die Entscheidung Polens, südkoreanische Kampfpanzer zu kaufen, löste Bedauern bei Atzpodien aus. Dies verdeutlichte die Herausforderungen, vor denen die deutschen Hersteller stehen, um mit internationalen Konkurrenten mithalten zu können. Die Einbindung der eigenen Industrie in die Lieferungen für die Bundeswehr sei ein wichtiger Aspekt der Souveränität.

Hinter den Kulissen der Rüstungsindustrie

Die Diskussion über Rüstungsexporte und das Rüstungsexportkontrollgesetz verdeutlichte die komplexe Lage in der deutschen Rüstungsindustrie. Atzpodien erklärte, dass die Exporte in Drittländer bereits stark reglementiert seien und die Exportgenehmigungen durch den Bundessicherheitsrat kontrolliert würden. Die geplante Gesetzesänderung hätte aus Sicht der Industrie zu starken Einschränkungen geführt.

Abschließend betonte Atzpodien den Beitrag der Rüstungsindustrie zur Sicherung des Friedens. Waffen, die zur Abschreckung dienen und in den Händen defensiver Streitkräfte wie der Bundeswehr liegen, seien ein wichtiger Faktor für die Erhaltung unserer Lebensgrundlagen. Trotz der Kontroversen und Herausforderungen in der Branche sei die Sicherheit der Bevölkerung ein zentrales Anliegen.

Insgesamt zeigte das Interview mit Hans Christoph Atzpodien ein facettenreiches Bild der deutschen Rüstungsindustrie und verdeutlichte die vielschichtigen Herausforderungen und Diskussionen, mit denen die Branche konfrontiert ist.