Wow, also, die Firmen haben echt ‘ne harte Zeit. Und was macht die neue Bundesregierung? Tja, keine Ahnung, die haben keine neuen Ideen und greifen einfach auf die alten Tricks zurück, um aus der Krise zu kommen.
„Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt“? Das VW-Werk in Wolfsburg im Sommer 2023
Foto: Maximilian Mann/laif
Das Lied „Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt, wir steigern das Bruttosozialprodukt“ von Geier Sturzflug aus den 80er Jahren passt irgendwie perfekt zur neuen Bundesregierung. Der Bundeskanzler Friedrich Merz, auch von der CDU, hat den Leuten eine „Wirtschaftswende“ versprochen – und fordert genauso wie Helmut Kohl damals mehr Fleiß und Einsatz von den Bürgern. Nach zwei Jahren Rezession soll es endlich bergauf gehen. „Wir werden also alles dafür tun, um die deutsche Wirtschaft wieder zum Wachsen zu bringen“, verkündete Merz in seiner Regierungserklärung. „Wir wollen regieren, um das Versprechen vom Wohlstand für alle zu erneuern.“
Aber mal ehrlich, die Wende zu mehr Wachstum wird wohl nicht so schnell passieren, die Aussichten sind ziemlich düster. Die „Wirtschaftsweisen“, diese Wirtschaftsberater der Bundesregierung, haben in ihrem Frühjahrsgutachten für dieses Jahr eine Stagnation vorhergesagt. Andere Ökonomen gehen sogar davon aus, dass es bis 2025 weiter bergab geht.
Das wäre dann drei Jahre Rezession in Folge – so etwas gab es in der Geschichte der Bundesrepublik noch nie. Und langsam macht sich das auch auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar. Im Schnitt erwarten die Wirtschaftsweisen für 2025 gut 2,9 Millionen Arbeitslose, wieder 150.000 mehr als im Vorjahr. Das hatten wir zuletzt 2013, kurz nach der Finanzkrise.
Krisenbewältigung à la Ludwig Erhard? Für Friedrich Merz und seine Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) wird das noch ‘ne harte Nuss. Reiche setzt bei der Bewältigung der Krise auf die Ideen von Ludwig Erhard, der von 1949 bis 1966 Wirtschaftsminister und Bundeskanzler war. Ihr Ministerium wird also künftig wieder stark auf die Soziale Marktwirtschaft von Erhard setzen, hat sie mehrmals angekündigt.
„Sie will also den Markt ein bisschen entfesseln, mit ‘nem Hauch von Sozialem“, sagt der linke Bremer Ökonom Rudolf Hickel. „Gleichzeitig legt sie den Grundstein für ein Ende der ökologischen Transformation, die ihr Vorgänger Habeck richtig angepackt hat“, ärgert sich der emeritierte Wirtschaftsprofessor. Branchen wie die Stahlindustrie, die sich schon auf die Umstellung auf Wasserstoff eingestellt hatten, zögern jetzt mit Investitionen, weil Reiche verstärkt auf den Bau von fossilen Gaskraftwerken setzt.
„Nicht nur Trumps Zollpolitik verunsichert, auch die Unklarheit, wie die Koalition den ökologischen Umbau erfolgreich fortsetzen will“, betont Hickel.
Die Handelspolitik der USA zeigt noch einen Grund für Deutschlands anhaltende Konjunkturschwäche auf: die zu große Exportorientierung. Deutschlands wirtschaftliche Stärke – und Millionen Jobs – hängen zu einem großen Teil von Lieferungen ins Ausland ab. Gut zehn Prozent der Exporte gehen an die USA.
Wenn also ein US-Präsident seine Spielchen treibt, geraten in den Konzernzentralen von VW, Siemens oder SAP alle ins Schwitzen. Die globale Konjunktur wird durch Kriege und Konflikte weltweit weiter geschwächt – zusammen mit der schwachen Binnennachfrage ist das ‘ne giftige Mischung für Deutschland.
Nicht nur Unternehmen, auch die Leute scheuen in unsicheren Zeiten hohe Ausgaben. Die Bauindustrie liegt am Boden. Zu den wirtschaftlichen Problemen gesellen sich noch strukturelle. Die Infrastruktur in Deutschland – sei es digital oder im Bereich Straßen und Schienen – ist veraltet. Die Manager in den deutschen Autokonzernen haben zu spät erkannt, dass die Zukunft der Elektromobilität gehört.
Auch die Chemieindustrie, die für Deutschland wichtig ist, fängt jetzt erst an, auf eine klimafreundliche Produktion umzustellen. Immerhin will Deutschland bis 2045 klimaneutral sein – das sind nur noch 20 Jahre.
Mit dem beschlossenen Finanzpaket von 500 Milliarden Euro scheint jetzt zumindest Geld für staatliche Investitionen vorhanden zu sein. Auch wenn die Summe riesig erscheint, ist sie bei genauerem Hinsehen eigentlich zu klein: 100 Milliarden Euro gehen an die Länder, weitere 100 Milliarden in den Klima- und Transformationsfonds. Die Investitionen werden auf zwölf Jahre verteilt. Dem Bund bleiben also 25 Milliarden pro Jahr – angesichts des Investitionsstaus ist das nicht gerade viel. Wohin das Geld genau fließt, wird sich erst in den nächsten Monaten klären.
Um also mehr Wachstum zu erzielen, will die Regierung mehr Abschreibungen auf Investitionen ermöglichen und die Steuern senken, ein Strompreispaket soll die Energiekosten für Unternehmen senken. Die Bürokratie soll reduziert werden, die Verwaltung digitalisiert und Genehmigungsverfahren vereinfacht werden.
Während Unternehmen also von der neuen Regierung einiges erwarten können, stellt Merz an die Leute Anforderungen. „Wir müssen hier im Land wieder mehr und vor allem effizienter arbeiten“, sagte er bei einer Veranstaltung des CDU-Wirtschaftsrats. „Mit ‘ner Viertagewoche und Work-Life-Balance können wir den Wohlstand dieses Landes nicht aufrechterhalten.“ Dabei wird in Deutschland schon mehr gearbeitet als früher.
„Insgesamt haben die Deutschen also im Jahr 2023 mit 55 Milliarden Stunden so viel gearbeitet wie nie zuvor“, sagt Svenja Flechtner, Juniorprofessorin für Plurale Ökonomik an der Universität Siegen. Aber in der Diskussion über Arbeitszeit wird oft betont, dass die durchschnittliche Arbeitsstundenzahl pro Person sinkt. „Das ist irreführend, denn es suggeriert, dass die Deutschen fauler geworden sind und fleißiger sein sollten“, sagt die Ökonomin. Der Durchschnitt sinkt, weil immer mehr Leute erwerbstätig sind.
„Was Merz da sagt, ist echt absurd“, findet auch Ökonom Hickel. „Wenn Firmen massenweise Jobs streichen, dann liegt das nicht an zu kurzer Arbeitszeit, sondern an einem Nachfrageproblem bei den Unternehmen, das auch durch einen verpennten Strukturwandel verursacht wurde.“
Auch Svenja Flechtner hält die wirtschaftspolitischen Pläne der Bundesregierung für „keinen großen Wurf“. Statt auf einen sozial-ökologischen Wandel zu setzen, setzt Schwarz-Rot eher auf Kleinigkeiten. Zum Beispiel: „Arbeitsanreize“ schaffen, wie es im Koalitionsvertrag steht. Für Überstunden soll keine Einkommensteuer mehr gezahlt werden müssen – allerdings nur, wenn Beschäftigte Vollzeit arbeiten. Das hat höchstens kurzfristig einen Effekt, ist Flechtner überzeugt. „Das ist nicht nachhaltig.“
Schwarz-Rot setzt also auf Trickle-down-Ökonomie, nach der vom steigenden Wohlstand der Reichen auch was für die anderen abfällt. „Wir wissen aus der Forschung, dass Trickle-down nicht funktioniert“, betont die Ökonomin Flechtner. Gewinne führen nicht automatisch zu höheren Löhnen. Und ob Firmen investieren, hängt nicht hauptsächlich von gezahlten Steuern ab. „Das ist viel komplexer“, sagt sie.
Für Investitionen sind zum Beispiel eine gute lokale Infrastruktur oder die Verfügbarkeit von Fachkräften verantwortlich. Und natürlich das wirtschaftliche Umfeld. Flechtner hat noch einen Tipp für die Wirtschaftspolitik: „Städte und Gemeinden finanziell zu stärken, bringt unter Umständen viel mehr, als Unternehmen pauschal zu entlasten.“
Also, machst du dir auch Sorgen um die Wirtschaft oder denkst du, die Regierung kriegt das schon hin? Nur die Zeit wird zeigen, wie sich das alles entwickelt.