Tausende Auslandsdeutsche Warten auf Wahlunterlagen: Ein Problem für die Demokratie?
Berlin – Die Bundestagswahl steht vor der Tür, und so viele Deutsche im Ausland wie noch nie haben sich im Wählerverzeichnis registrieren lassen. Doch viele von ihnen stehen vor einem ernsten Problem: Sie erhalten ihre Wahlunterlagen zu spät und könnten somit ihr Wahlrecht verlieren. Ein Betroffener aus Kolumbien spricht sogar von einem “echten Skandal”.
Johannes Krämer, dessen Name aus Datenschutzgründen geändert wurde, lebt seit einem Jahr in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá. Der 27-Jährige arbeitet für eine Hamburger Exportfirma und hat sich bereits Mitte Dezember im Wählerverzeichnis des Bezirksamts Hamburg-Altona registrieren lassen. Trotz mehrfacher Nachfragen bei den Behörden erhielt er seine Wahlunterlagen nicht rechtzeitig. Erst am 8. Februar wurden die Unterlagen versandt, zu spät für Krämer, um an der Wahl teilzunehmen. “Das ist ein echter Skandal. Ich verstehe nicht, warum die deutschen Behörden es einfach nicht hinbekommen”, sagt Krämer.
Viele Auslandsdeutsche, darunter auch Krämer, warten noch immer auf ihre Wahlunterlagen, da die Fristen aufgrund der vorgezogenen Wahl am 23. Februar dieses Mal kürzer sind. Mit nur vier Tagen bis zum Wahltermin haben sie kaum noch eine Chance, ihre Unterlagen rechtzeitig vor 18 Uhr am Sonntag abzuliefern.
Die Bundeswahlleiterin verzeichnet eine Rekordzahl an Auslands-Wählern, mit mehr als 210.000 Deutschen, die sich registriert haben. Dies ist fast doppelt so viele wie bei der letzten Bundestagswahl. Die Nicht-Teilnahme dieser Wähler könnte wahlentscheidend sein, insbesondere für Parteien wie die FDP und die BSW, die mit der Fünf-Prozent-Hürde kämpfen.
Im Gegensatz zu Bürgern im Inland erhalten Auslandsdeutsche nicht automatisch eine Wahlbenachrichtigung und müssen sich eigenständig ins Wählerverzeichnis eintragen lassen. Die Briefwahlunterlagen müssen beantragt und rechtzeitig zurückgeschickt werden, um am Wahltag gültig zu sein. Eine Urnenwahl in deutschen Auslandsvertretungen ist nicht möglich, und es gelten keine Sonderfristen für Auslandsdeutsche.
Die Zahl der Deutschen, die aus dem Ausland per Brief wählen, steigt seit Jahren kontinuierlich an. Bei der Bundestagswahl 2013 gab es nur 67.000 Anträge, während es 2021 bereits rund 129.000 waren. Die Möglichkeit, den Antrag online zu stellen, hat dazu beigetragen, dass die Zahl der Anträge für die bevorstehende Wahl noch einmal deutlich höher ausfällt.
Obwohl eine Online-Wahl nach deutschem Recht nicht möglich ist, fordern viele Auslandsdeutsche digitale Abstimmungswege, um ihre Stimme zu erleichtern. Eine Petition einer Freiwilligen aus Neuss, die derzeit in Bogotá lebt, hat bereits über 500 Kommentare von Deutschen aus der ganzen Welt gesammelt, die ähnliche Probleme mit der Briefwahl haben.
Die Bundeswahlleiterin weist darauf hin, dass Auslandsdeutsche, die ihre Briefwahlunterlagen noch nicht erhalten haben, persönlich in ihre Gemeindebehörde reisen können, um den Wahlschein bis zum Tag vor der Wahl um 12 Uhr zu erhalten und zu wählen. Eine Option, die für viele jedoch nicht realistisch ist.
Die Situation der Auslandsdeutschen, die um ihr Wahlrecht kämpfen, verdeutlicht die Schwierigkeiten, die mit der Briefwahl im Ausland verbunden sind. Die Forderung nach Maßnahmen zur Gewährleistung des uneingeschränkten Wahlrechts für alle deutschen Staatsangehörigen weltweit wird lauter, und digitale Abstimmungswege könnten die Lösung sein.