Wahlkampf: Vermeidung der Realität
Der Wahlkampf ist eine Zeit, in der Opfer gefordert sind: Opfer an Nerven, Seelenheil und guter Laune. Es ist keine Zeit für Spaß, sondern eine Zeit, in der politische Plakate mit Schlagworten wie “Fleiß” und “Recht und Ordnung” auf uns einprasseln. Ein Beispiel ist das Wahlplakat von Robert Habeck, das leider keine Zuversicht ausstrahlte. Doch in diesem Wahlkampf blieb etwas unwirklich, und das lag nicht nur an den Plakaten.
Die Zeit war knapp nach dem Platzen der Koalition, und fundierte Grundsatzdebatten waren kaum zu erwarten. Die Gewalttaten in Magdeburg, Aschaffenburg und München wurden von Politikern wie Friedrich Merz für einen Anti-Ausländer-Wahlkampf ausgeschlachtet. Merz behauptete, er könne wie ein kleiner Trump an “Tag eins” per Dekret die Grenzen schließen und keinerlei Kompromisse eingehen. Doch die Realität sah anders aus.
In der letzten Januarwoche lud Merz die AfD zu Abstimmungen ein, und damit wurde der antifaschistische Grundkonsens der Bundesrepublik aufgekündigt. Merz agierte, als wäre nichts gewesen, und Widersprüche wurden von seinen Anhängern ignoriert. Der Realitätsbegriff musste täglich aufs Neue überprüft werden.
Der Wahlkampf war ein Crashkurs in Sachen Wirklichkeitsverschiebung, der notwendig war, um zu verarbeiten, was seit Donald Trumps Amtsantritt mit der Weltlage passiert ist. Die Ankündigung der US-Regierung, mit Wladimir Putin etwas auszuhandeln, was von Europa und der Ukraine bezahlt werden muss, zeigt eine große Verrückung. Die politische Frage, die bleibt, ist, mit welchem Geld die Republik aufrüsten kann.
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Der Wahlkampf mag vorbei sein, aber die Auswirkungen sind noch lange spürbar. Es liegt an uns allen, die Realität zu erkennen und uns für eine bessere Zukunft einzusetzen. Mit gutem Journalismus und dem Engagement der Leser:innen können wir dazu beitragen, dass die Wirklichkeit nicht länger vermieden wird.