Geschäftsführer und Vorstände haften persönlich für Kartellbußgelder – Eine rechtliche Analyse durch den BGH
Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe verhandelt derzeit über die brisante Frage, ob Unternehmen ehemalige Geschäftsführer und Vorstände für Kartellbußgelder in Regress nehmen können. Diese Entscheidung könnte weitreichende Konsequenzen für deutsche Firmenchefs haben. Im Zentrum des Rechtsstreits stehen zwei miteinander verbundene Edelstahlunternehmen, die gegen einen ehemaligen Geschäftsführer und Vorstand klagen, der an einem Preiskartell beteiligt war. Das Bundeskartellamt verhängte bereits Bußgelder in Millionenhöhe gegen die beteiligten Unternehmen und Personen.
Verbotene Preisabsprachen und Bußgelder in Millionenhöhe
Das Bundeskartellamt enthüllte, dass über Jahre hinweg wichtige Preisbestandteile beim Vertrieb von Edelstahl abgesprochen wurden. Diese Absprachen führten zu einem erheblichen Wettbewerbsnachteil und beeinträchtigten den Preiswettbewerb zwischen den Unternehmen. Nach mehrjährigen Ermittlungen verhängte das Kartellamt Bußgelder in Höhe von insgesamt 355 Millionen Euro gegen zehn Edelstahlunternehmen, zwei Branchenverbände und siebzehn verantwortliche Personen. Die betroffene GmbH musste 4,1 Millionen Euro zahlen, während der ehemalige Geschäftsführer ein Bußgeld von 126.000 Euro auferlegt bekam.
Die Klage und die Forderungen vor Gericht
Die Edelstahlunternehmen fordern von dem ehemaligen Geschäftsführer die Erstattung des Bußgelds, Ersatz für entstandene IT- und Anwaltskosten sowie Schadensersatz für zukünftige Schäden, die aus dem Kartellverstoß resultieren. Sie argumentieren, dass der ehemalige Firmenchef seine Pflichten als Geschäftsführer und Vorstandsmitglied verletzt habe. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte jedoch entschieden, dass kein Regress in Betracht komme, da die gesellschaftlichen Vorschriften zur Haftung der Chefs keine Bußgelder einschließen.
Existenzielle Risiken für Firmenchefs und die Entscheidung des BGH
Sollte der BGH anders entscheiden, wären Geschäftsführer und Vorstände erheblichen Haftungsrisiken ausgesetzt. Rechtsanwalt Lorenz Jarass warnt vor den möglichen Konsequenzen: “Die gegen Unternehmen verhängten Bußgelder liegen häufig im Millionen-, wenn nicht gar im Milliardenbereich, und in vielen Fällen greift der D&O-Versicherungsschutz nicht.” Diese Versicherung schützt Führungskräfte vor Vermögensschäden bei Pflichtverletzungen.
Der Ausgang dieses Rechtsstreits könnte die Haftung von Geschäftsführern und Vorständen für Kartellbußgelder neu definieren und existenzielle Risiken für deutsche Firmenchefs mit sich bringen. Die Entscheidung des BGH wird daher mit Spannung erwartet.
Wie wird sich die Rechtsprechung entwickeln?
Es bleibt abzuwarten, wie der BGH in diesem Fall entscheiden wird und welche Auswirkungen dies auf die Haftung von Geschäftsführern und Vorständen haben wird. Sollte eine Regressmöglichkeit bejaht werden, könnte dies zu einem Paradigmenwechsel in der Unternehmenshaftung führen. Die Entscheidung des BGH wird daher nicht nur für die beteiligten Parteien, sondern für die gesamte deutsche Wirtschaft von großer Bedeutung sein.
Die Frage, ob Geschäftsführer und Vorstände persönlich für Kartellbußgelder haften sollten, wirft ethische und rechtliche Fragen auf. Es bleibt abzuwarten, wie der BGH diese komplexen Themen in seinem Urteil berücksichtigen wird. Die Entscheidung des höchsten deutschen Gerichts wird zweifellos wegweisend sein und möglicherweise zu einer Neuausrichtung der Unternehmenshaftung in Deutschland führen.