Blut, Speichel oder Stuhl können viel über die Gesundheit eines Menschen verraten. Selbsttests versprechen eine bequeme Anwendung für zu Hause. Wieso das nicht immer eine gute Idee ist, erklären Fachleute.

Selbsttests sind in aller Munde, vor allem in Zeiten, in denen Gesundheitsbewusstsein und Eigenverantwortung an Bedeutung gewinnen. Man findet sie im Internet, in Drogeriemärkten und Apotheken für verschiedenste Anwendungsbereiche. Doch wie zuverlässig sind solche Tests? Experten warnen vor vorschnellen Schlüssen und teuren Therapien basierend auf fragwürdigen Ergebnissen.

Ein besonders starkes Wachstum verzeichnen Gastroenterologen wie Birgit Terjung in Bonn. Immer öfter sehen sie Patienten, die sich mittels Mikrobiom-Selbsttests Gewissheit über ihre Darmgesundheit verschaffen wollen. Doch wie aussagekräftig sind solche Tests wirklich?

Markt schneller als Wissenschaft

Die Gastroenterologin warnt vor voreiligen Schlüssen basierend auf einzelnen Stuhlproben, da diese nur einen begrenzten Einblick in die Darmflora bieten. Zudem seien die Ergebnisse von verschiedenen Faktoren wie Tageszeit und Ernährung abhängig. Trotzdem versuchen Anbieter oft, teure Therapien und Nahrungsergänzungsmittel basierend auf diesen Ergebnissen zu verkaufen.

Internationale Experten mahnen zur Vorsicht. Laut einem Bericht im Fachjournal “The Lancet Gastroenterology & Hepatology” gibt es noch keine ausreichenden wissenschaftlichen Belege für die Wirksamkeit solcher Therapien. Der Markt für Selbsttests ist schneller gewachsen als die dazu passende Forschung.

Vorsicht bei Hormontests

Neben Darmtests warnen Experten auch vor Hormontests, die oft ungenaue oder irreführende Ergebnisse liefern können. Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie rät von der Eigenanwendung solcher Tests ab, da der Hormonspiegel von vielen Faktoren abhängt, die nur von Fachärzten angemessen berücksichtigt werden können. Dennoch könnten Ovulationstests bei Frauen mit Kinderwunsch sinnvoll sein.

Hans-Michael Mühlenfeld, ein erfahrener Mediziner aus Bremen, warnt davor, sich aufgrund von Selbsttest-Ergebnissen selbst zu behandeln. Viele Menschen neigen dazu, aufgrund von Werbeversprechen Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen, ohne die Ursache ihrer Beschwerden wirklich zu kennen. Es sei wichtig, die Ergebnisse richtig einzuordnen und nicht vorschnell auf vermeintliche Krankheiten zu schließen.

Selbsttests könnten dazu führen, dass Menschen entweder zu früh oder zu spät medizinische Hilfe in Anspruch nehmen. Müdigkeit beispielsweise könne viele Ursachen haben, von harmlosen bis hin zu ernsthaften Erkrankungen. Daher sei es wichtig, nicht die Diagnostik zu verzögern, indem man sich ausschließlich auf Selbsttests verlässt.

Abschließend bleibt zu sagen, dass Eigenverantwortung für die eigene Gesundheit wichtig ist, aber auch die Eigenverantwortung, die Grenzen von Selbsttests zu kennen und im Zweifelsfall immer einen Facharzt zu konsultieren. Die Balance zwischen Selbstbewusstsein und Fachwissen ist entscheidend für eine ganzheitliche und langfristig gesunde Lebensweise.