Angst bei Geflüchteten: Verbergen der Herkunft aus Angst

In einem Schulungszentrum in Augsburg steht ein junger Mann mit seinen Kollegen. Er spürt die Blicke, die Gedanken seines Gegenübers, ohne Worte. “Du bist auch ein Totschläger, denken sie sich, wenn ich sage, dass ich aus Afghanistan bin”, gesteht er bedrückt. Die Angst, die Vorverurteilung nach der Bluttat in Aschaffenburg lastet schwer auf ihm. Es fühlt sich an, als ob nun alle Afghanen schuldig wären. Die Reaktionen sind unerträglich, treiben ihn dazu, sich zurückzuziehen.

Wie gehen Menschen mit Migrationsgeschichte mit den Forderungen im Bundestagswahlkampf um?

Die Bluttat in Aschaffenburg hat nicht nur die Menschen in Bayern erschüttert. Auch der Bundestagswahlkampf wird von der Migrationspolitik beherrscht. Doch wie empfinden die Menschen mit Fluchthintergrund, die hier leben, die ständigen Rufe nach schärferen Zuwanderungsregeln? Wie sehen jene, die mit Geflüchteten arbeiten, die politische Diskussion?

Angela Bauer, Betriebsleiterin des Gasthofs Linde in Günzburg, hat einen klaren Standpunkt. Sie beschäftigt über 40 Mitarbeitende mit Migrationshintergrund und sieht die Debatte kritisch. Ohne sie wäre der Betrieb nicht zu stemmen, betont sie. Sie setzt sich dafür ein, auch geflüchteten Menschen berufliche Chancen zu bieten. Einer ihrer Erfolge ist der Sous-Chef in der Küche, der aus Afghanistan geflüchtet ist und nun als Koch arbeitet.

“Natürlich bekommt man Angst”, gesteht der 26-Jährige. Die ungewissen neuen Gesetze und die Vorverurteilung seines Heimatlandes belasten ihn. Er plädiert für eine differenzierte Betrachtung, betont, dass nicht alle Afghanen für die Taten einzelner verantwortlich gemacht werden sollten.

Viele Unternehmerinnen und Unternehmer wollen keine Männer aus Afghanistan mehr einstellen

Josefine Steiger, eine langjährige Verfechterin der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in den Arbeitsmarkt, beobachtet besorgt, wie Vorurteile zunehmen. Unternehmerinnen und Unternehmer äußern vermehrt Bedenken bei der Einstellung von Menschen aus Afghanistan und Syrien. Für gut qualifizierte und motivierte afghanische junge Männer wird es dadurch schwieriger.

Steiger kritisiert die aktuelle politische Debatte als ungerecht gegenüber arbeitswilligen, integrierten jungen Menschen aus Afghanistan. Sie betont die Bedeutung von Migrantinnen und Migranten für die Wirtschaft und plädiert für eine differenziertere Herangehensweise.

“Geflüchtete machen sich Sorgen um ihre Zukunft in Deutschland”

Terry Nana Osei, ein Student aus Ghana, der in Deutschland lebt und arbeitet, spürt die Unsicherheit und Komplexität der aktuellen Regelungen für Migrantinnen und Migranten. Er fühlt sich von den politischen Parteien nicht gehört und fürchtet um seine Zukunft.

Ein anderer junger Afghane, der eine Ausbildung im Handwerk absolviert, berichtet von seiner schwierigen Situation. Als Mitglied der Volksgruppe Hazara wurde er in Afghanistan verfolgt und sucht nun in Deutschland nach einem sicheren Leben. Die Vorverurteilung und die Schwierigkeiten, als Afghane akzeptiert zu werden, belasten ihn.

Die Geschichten und Ängste der Menschen mit Migrationshintergrund zeigen, wie wichtig es ist, eine differenzierte und faire Diskussion über Migration und Integration zu führen. Eine pauschale Vorverurteilung schadet nicht nur den Betroffenen, sondern auch der Gesellschaft als Ganzes. Es ist an der Zeit, die Stimmen und Erfahrungen dieser Menschen ernst zu nehmen und eine inklusive Zukunft zu gestalten.