Regeln für „Quadrell“: RTL präsentiert TV-Viererrunde

Erstmals stoßen im Bundestagswahlkampf die vier Kanzlerkandidaten im Fernsehen direkt aufeinander. Die Streitthemen ähneln denen anderer TV-Runden. Zwischendurch wird es laut – aber auch amüsant.

Alle TV-Debatten vor der Bundestagswahl finden Sie in unserem Überblick.

Merz gewinnt Führungskompetenz-Frage deutlich

RTL liefert eine letzte Zuschauer-Umfrage nach dem Quadrell. Es wurde gefragt: “Wer kann das Land am besten führen?” Hier gewinnt Friedrich Merz deutlich. Er kommt auf 42 Prozent. Scholz liegt auf Platz zwei – aber mit einem abgeschlagenen Wert von 19 Prozent. Alice Weidel landet hier auf Platz drei mit 16 Prozent. Habeck verliert hier mit nur 13 Prozent.

Zuschauer fanden Habeck am sympathischsten

Und RTL-Politikchef liefert noch ein Umfrage-Ergebnis – nämlich: “Wen war am sympathischsten?” Und da gewinnt Robert Habeck mit 34 Prozent. Merz landet mit 23 Prozent auf Platz zwei. Scholz erreicht 19 Prozent. Ganz hinten liegt die AfD-Chefin Weidel mit 17 Prozent.

Forsa-Umfrage nach RTL-Quadrell: Zuschauer fanden Merz am besten

In einer repräsentativen Umfrage hat Forsa für RTL nach dem Quadrell die Zuschauer gefragt, wen sie von den vier Kandidaten am besten fanden. Gewonnen hat demnach Friedrich Merz mit 32 Prozent. Dahinter liegt Olaf Scholz mit 25 Prozent. Platz drei teilen sich Robert Habeck und Alice Weidel mit jeweils 18 Prozent.

RTL-Politikchef Nikolaus Blome präsentierte die Zahlen in einer Talkrunde im Anschluss an das Quadrell.

Das Wichtigste in der Zusammenfassung

Scholz und Merz verbitten sich US-Einmischung in Wahlkampf

Die umstrittene Rede von US-Vizepräsident J.D. Vance bei der Münchner Sicherheitskonferenz strahlte bis in die Fernsehrunde aus. Vance hatte in München unter anderem erklärt, es gebe keinen Platz für Brandmauern. Er nahm dabei indirekt Bezug auf die deutsche Debatte über eine Abgrenzung von der AfD. Vance warnte in diesem Zusammenhang vor einer Gefährdung der Demokratie. Der Begriff der Brandmauer bezieht sich vor allem auf die Union und die AfD.

Scholz sagte: “Was dort gesagt wurde, ist völlig unakzeptabel.” Deutschland habe aus der Erfahrung des Nationalsozialismus die Lehre gezogen, dass es keine Zusammenarbeit mit den extrem Rechten gebe. Merz betonte mehrfach, für die Union komme eine Zusammenarbeit mit der AfD nicht infrage. “Und ich verbitte mir solche Einmischungen in die deutsche Bundestagswahl und auch in die Regierungsbildung danach.” Er fügte hinzu: “Ich lasse mir doch nicht von einem amerikanischen Vizepräsidenten sagen, mit wem ich hier in Deutschland zu sprechen habe.”

Hitziger Streit: Wie rechts ist die AfD?

Der Hinweis von Scholz auf den Nationalsozialismus ließ AfD-Chefin Weidel empört reagieren: “Diesen Vergleich finde ich skandalös. Den weise ich für mich persönlich und für die gesamte Partei zurück.”

Der Kanzler erinnerte auch an Aussagen des AfD-Ehrenvorsitzenden Alexander Gauland, der im Juni 2018 gesagt hatte, Hitler und die Nazis seien “nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte”. Später bezeichnete Gauland seine Äußerung als “missdeutbar und damit politisch unklug”. Weidel entgegnete: “Sie können mich hier heute Abend beleidigen, wie Sie wollen. Sie beleidigen damit Millionen von Wählern. Mich trifft das überhaupt nicht. Ich repräsentiere diese Stimmen nur. Schreiben Sie sich das bitte hinter Ihre Ohren.”

Merz nannte die AfD “eine rechtsradikale Partei, zum großen Teil rechtsextremistisch”. Er warf Weidel vor, sie würde AfD-Rechtsaußen Björn Höcke “adeln”. In einem Interview mit der “Bild”-Zeitung hatte Weidel gesagt: “Also Björn Höcke und ich, wir verstehen uns sehr gut.” Ihren früheren Versuch, Höcke aus der AfD auszuschließen, bezeichnete sie als Fehler. Auf die Frage, ob sie ihn als geeignet für ein Ministeramt betrachte, antwortete Weidel mit “Ja”.

“Voodoo-Ökonomie” und “Bürokratie-Monstrum”

Auch in der Wirtschafts- und Finanzpolitik fanden Scholz, Merz, Habeck und Weidel keinen gemeinsamen Nenner. Scholz und Habeck warfen Union und AfD eine sozial ungerechte Steuerpolitik vor: Sie wollten mit milliardenschweren Plänen zu Steuersenkungen vor allem Menschen mit hohen Einkommen entlasten. Die Pläne seien zudem nicht gegenfinanziert. Habeck sprach mit Blick auf die Union und Merz von “Voodoo-Ökonomie”.

Merz hielt dagegen: Er warf Scholz und Habeck mit Blick auf die Rezession in Deutschland eine verfehlte Wirtschaftspolitik vor. Er nannte als Beispiel das Lieferkettengesetz und das Abschalten der Atomkraftwerke. “Wir müssen raus aus dieser Rezession.” Man müsse das “bürokratische Monstrum” in den Griff bekommen. Der CDU-Vorsitzende sprach sich zudem für eine Senkung der Unternehmenssteuern aus.

Das RTL-Quadrell mit Merz, Scholz, Habeck und Weidel im Ticker-Protokoll

Und nun folgt das Schlusswort der Kandidaten. Damit endet das RTL-Quadrell. Vielen Dank fürs Mitlesen.

Merz sagt, dass mit ihm als Kanzler die grün gefärbte Wirtschaftspolitik ein Ende haben werde. Habeck reagiert darauf empört. Merz wende sich auf diese Weise ab von neuen Leitmärkten, von Zukunftsindustrien. Er fügt hinzu: „Nicht nur das reinschreiben, was man in den 90ern in die Programme geschrieben hat, sondern auch mal gucken, was sonst so los ist auf der Welt.“

Alice Weidel wirft Merz vor, um den heißen Brei herumzureden und nicht klar Stellung zu beziehen.

Attalay fragt in Richtung Habeck, ob er für eine mögliche Koalition auch weichen würde: “Was ist denn das für eine komische Frage”, antwortet Habeck entnervt. Und weiter: “Das Problem Markus Söder hat Merz ganz alleine.” Merz stellt klar: “Damit hat er unrecht.” Und weiter: „Söder schreibt mir gar nichts vor.“

Merz zu Weidel: “Sie wollen Höcke zum Minister machen – gute Reise, nicht mit uns!”

Nun geht es um mögliche Koalitionen. Laut Merz seien “die Sozialdemokraten und die Grünen” möglich. “Bei der FDP habe ich große Zweifel”, so der CDU-Mann. Weidel reagiert empört: “Mit Habeck als Wirtschaftsminister.” “Sie wollen Höcke zum Minister machen – gute Reise, nicht mit uns!”, schießt Merz zurück.

RTL schiebt wieder ein Spiel ein. Dieses Mal wird “Wer wird Millionär” gespielt.

“Die Migration” müsse in den Arbeitsmarkt stattfinden, erklärt Merz. Und nicht in die “Sozialversicherungen”.

Das “Pensionsystem” sei vollkommen falsch, sagt Weidel. “Das ist zutiefst ungerecht”. Merz: “Das stimmt doch nicht.” Der CDU-Mann spricht davon, dass “wachsende Einkommen” notwendig sind, um die Rentenprobleme abzufedern. Eine “kapitalgedeckte Altersvorsorge” sei notwendig, so Merz.

Scholz glaubt nicht daran, dass das Rentenalter noch weiter angehoben werden müsse. Jauch wirkt davon nicht überzeugt. “Wir halten die Nachbesteuerung von Renten für falsch”, erklärt Weidel.

Habeck betont, dass Frauen nach der Schwangerschaft eine einfachere Rückkehr in den Arbeitsmarkt ermöglicht werden müsse. Zudem spricht er ein notwendiges Aktienprogramm an. Er habe sich lange gesträubt, sei nun aber mit dem FDP-Vorschlag einverstanden.

Noch knapp 20 Minuten. Jauch greift das Thema Rente auf. Und die Probleme des deutschen Rentensystem. Habeck beginnt.

Scholz hat bislang den größten Redeanteil, gefolgt von Weidel und Merz. Habeck spricht bislang am wenigsten.

“Mit ihnen käme die Armut ins Land”, sagt Scholz und erklärt: “Mathematik sagt es anders”

Im Gespräch über die Sozialversicherungssysteme nutzt Weidel die Gelegenheit und spricht von einer Korrelation zwischen den Einwanderern und den steigenden Beiträgen. “Mit ihnen käme die Armut ins Land”, sagt Scholz und weiter: “Die Mathematik sagt es genau anders herum.”

Danach leitet Jauch auf Weidel über und ihre Wohnsituation. Ihre Partnerin wohnt bekanntlich in der Schweiz. “Die Debatte jetzt darauf zu lenken, finde ich interessant”, erklärt Weidel. “Ich habe meinen Wohnsitz in Deutschland. Ich zahle hier meine Steuern.” “Auf alle ihre Einkünfte?”, fragt Jauch. “Das ist völlig korrekt”, so Weidel.

In diesem Punkt sind sich Scholz und Merz einig. Auch der CDU-Mann ist davon überzeugt, dass Bauprojekte auch gegen gesellschaftlichen Widerstand durchgesetzt werden sollten. Merz spricht das Tempelhofer Feld in Berlin an, ein großes, freies Gelände, für das immer wieder Bauprojekte vorgeschlagen wurden, jedoch zuletzt am Widerstand der Bürger gescheitert sind. Merz meint, dass die Politik in solchen Fällen auch gegen den Widerstand der Bürger Bauland ausweisen müsse. Weidel kommentiert: “Wir sind mit den Baukosten viel zu hoch – relativ zum Nettoeinkommen.”

Scholz betont: „Wir brauchen einen Mentalitätswechsel.“ Er meint damit, dass das Bauen als solches nicht infrage gestellt werden sollte. Jauch sieht dies als eine Art „Bürger-Schelte“ und interpretiert es so, doch Scholz widerspricht dieser Interpretation. Laut Merz sei Bauen “zu teuer”.

Dann kommt der Umschwung. Es geht um die Mietpreise. “Die unglaublich steigenden Zinsen” hätten einige Projekte nicht mehr möglich gemacht, erklärt Scholz. “Wir haben die Mittel für den geförderten Wohnungsbau um 20 Milliarden Euro erhöht”, sagt Scholz.

Merz lässt Weidel in Ukraine-Debatte auflaufen: „Wir sind nicht neutral!“

“Sie haben hier gerade einen sehr verräterischen Satz gesagt: Wir würden von Russland nicht mehr als neutral wahrgenommen. Nein, Frau Weidel, wir sind nicht neutral! Wir sind auf der Seite der Ukraine und verteidigen mit der Ukraine die politische Ordnung, die wir hier haben. Und ihre Worte, die Sie hier gerade gesprochen haben, die sind eine Bestätigung für mich, dass ich alles tun werde, um zu verhindern, dass sie jemals politische Verantwortung in diesem Land in die Hände bekommen”, poltert Merz.

“Die Wahl entscheide über Frieden und Krieg”, erzählt Weidel. “Es ist eine Provokation an Russland”, sagt Weidel. Die Regierung habe die Chance verbockt für Frieden. “Das ist eine Lüge”, kontert Habeck. “Bei unterschiedlichen Haltungen zu Waffensystemen. (…) Putin ist der Kriegstreiber. Er hat es in der Hand, dass wir den Frieden nur wahren, wenn wir den Frieden schützen.”

“Lücken im Haushalt sind Lücken im Haushalt und bleiben Lücken im Haushalt”, erklärt Scholz. Der Kanzler war auf mögliche Rentenkürzungen zur Finanzierung der Ukraine-Hilfe angesprochen.

“Wenn wir die Ukraine weiter unterstützen wollen, müssen wir das gesondert finanzieren”, erklärt Scholz. Und macht sich für eine Lockerung der Schuldenbremse stark. Es sei die “Frage dieser Bundestagswahl”.

Scholz kritisiert: „Man streut den Leuten Sand unter die Augen.“ Auf die Frage, ob deutsche Soldaten möglicherweise in die Ukraine geschickt werden, antwortet Merz: „Diese Frage stellt sich aktuell überhaupt nicht.“

Merz kritisiert in der Folge die fehlenden Investitionen in die eigene Sicherheit. Die Bundesregierung hätte dies seit dem Ukraine-Krieg verpasst. Scholz nennt dies “eine Verdrehung der Tatsachen”.

Nach einer Stunde Debatte entwickelt sich Olaf Scholz zum Dauerredner: Der Kanzler liegt mit 12 Minuten und 57 Sekunden Redezeit an der Spitze. Dahinter folgt Alice Weidel mit 10 Minuten und 51 Sekunden, knapp vor Robert Habeck (10:17) und Friedrich Merz (10:15).

Jauch leitet zu den Investitionen in die Ukraine über. Insbesondere geht es darum, dass die USA und Russland nun ihre eigene Deals durchsetzen werden. “Natürlich haben wir da etwas zu sagen”, sagt Scholz. Merz geht nun auf Weidel los: “Sie eiern rum.” Damit spricht er die zurückhaltende Haltung gegenüber der russischen Regierung an. Der CDU-Mann spricht davon, dass Putin “Großrussland” wieder herstellen möchte.

Nun geht es um die USA und das Auftreten bei der Sicherheitskonferenz in München. “Hier wird aufgekündigt, was mal aus Amerika nach Europa kam. Das wird infrage gestellt. Deshalb haben sich auch kein Problem, mit Putin Deals zu machen”, erklärt Habeck. DIe USA “pokere hoch”.

Übrigens: Vor allem Weidel und Scholz zoffen sich immer wieder. Merz tritt bislang eher zurückhaltend auf. Auch Robert Habeck wirkt gelassener.

RTL spielt “Mensch ärgere Dich nicht” – Habeck genervt: “Was sind das denn für Fragen”

RTL lockert die Debatte mit einem Spiel auf, bei dem es unter anderem um die Attraktivität von Friedrich Merz als Kanzler geht. Zudem wird eine Umfrage präsentiert, laut der Scholz bei jungen Frauen als der attraktivere Kanzler gilt. Habeck wirkt überrascht und reagiert irritiert: „Was sind das für Fragen?“ Die Frage im Wortlaut: “Herr Merz, was ärgert Sie mehr? Dass Olaf Scholz immer sagt, Sie lügen, oder dass sogar der Bundeskanzler besser bei jungen Frauen ankommt als Sie?” Auch die Frage an Scholz sorgt für Verwunderung: “Herr Scholz, was ärgert Sie mehr? Ihr Gedächtnisverlust bei Cum Ex oder das Elon Musk sie doof findet?”

Weidel kritisiert die Energiewende als teuer und wirft der Regierung vor, die deutsche Wirtschaft geschwächt zu haben: „Die deutschen Unternehmen sind nicht mehr wettbewerbsfähig. Die Deindustrialisierung ist in vollem Gange.“ Sie betont, dass sie Vorschläge gemacht habe, im Gegensatz zur Regierung. Doch Scholz grätscht dazwischen: „Nein, nur heiße Luft.“ Anschließend bringt Weidel die Atomkraftwerke ins Spiel, worauf Scholz spöttisch mit „Super-Konzept“ kommentiert.

Scholz hält in der Folge eine kleine Brandrede. Dadurch wurde Merz komplett abgewürgt. Der CDU-Mann kann seine These somit nicht weiter fortführen.

Die Diskussion wird hitzig: Merz wirft Scholz und Habeck vor, „die größte Wirtschaftskrise der Nachkriegsgeschichte“ zu verantworten. Doch bevor er weiter ausführen kann, fahren ihm die beiden ins Wort. Merz kommt nicht mehr zu Wort und wendet sich schließlich an die Moderation.

Scholz erklärt, worauf er am meisten stolz ist. „Darauf, dass der Niedriglohnsektor enorm geschrumpft ist.“

“Ab welchem Netto-Einkommen ist man eigentlich reich?”, fragt Jauch – Kanzler weicht aus

“Ab welchem Netto-Einkommen ist man eigentlich reich?”, fragt Jauch in Richtung Scholz. Der Kanzler weicht der Frage aus. “Es ist eine Frage der Gerechtigkeit”, führt er fort. “Wir müssen dafür sorgen, dass die Energiepreise unten sind”, so Scholz.

Jetzt geraten Weidel und Habeck aneinander. Der Grünen-Politiker wirft der AfD-Chefin vor