Der Streit um Migration hat den Wahlkampf in Deutschland angeheizt, was am Wochenende zu Großprotesten in vielen Städten führte. Zehntausende Menschen strömten auf die Straßen, um gegen die gemeinsame Abstimmung von Union und AfD im Bundestag zu demonstrieren. In Essen versammelten sich laut Polizei 14.000 Demonstranten, während die Veranstalter in Hamburg von 80.000 Menschen sprachen, während die Polizei 65.000 Menschen zählte. Auch in bayerischen Städten wie Augsburg und Würzburg gab es Proteste, die das politische Klima weiter aufheizten.
Die Parteien sind weiterhin in einem Streit über die Deutungshoheit, nachdem Friedrich Merz, der Kanzlerkandidat der Union, die Abstimmung über eine Verschärfung der Migrationspolitik verloren hat. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kommentierte dies bei einem Auftritt in Regensburg und betonte, dass Merz sich verzockt habe. Er fügte hinzu, dass es noch schlimmer sei, dass Merz überhaupt gezockt habe.
### Ole von Beust: Abstimmung muss singuläres Ereignis bleiben
Bei der Abstimmung enthielten sich auch zwölf CDU-Abgeordnete, darunter Helge Braun und Roderich Kiesewetter. Öffentliche Kommentare von ihnen sind rar, was darauf hindeutet, dass die Union versucht, vor der Wahl die Reihen hinter ihrem Kandidaten zu schließen. Der langjährige Hamburger Bürgermeister Ole von Beust betonte gegenüber unserer Redaktion die Bedeutung, zwischen Inhalt und Strategie zu unterscheiden. Er lobte Merz für seine inhaltliche Entscheidung, warnte jedoch vor strategischen Fehlern.
Ein Gradmesser für die Stimmung an der Basis könnte der bevorstehende Parteitag der CDU sein. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt erklärte, dass der Parteitag den Startschuss in die heiße Wahlkampfphase markiere. Er betonte die Notwendigkeit, aus der bestehenden Wechselstimmung in Deutschland Stimmen für die Union zu gewinnen. Themen wie die Neuordnung der Migration, ein Wirtschafts-Comeback-Plan und die Stärkung der Sicherheit stehen dabei im Mittelpunkt.
### Merz gibt Garantie für andere Asylpolitik
Merz verspricht den Wählern eine “Garantie” für eine Wende in der Wirtschafts- und Asylpolitik, sollte er zum Kanzler gewählt werden. Er betonte die Notwendigkeit eines Politikwechsels, der eine strikte Begrenzung des Asylbewerberzuzugs umfassen würde. Die Umsetzung dieser Ankündigungen nach den Wahlen bleibt jedoch abzuwarten.
Die Komplexität und Schwierigkeit schneller Lösungen in der Flüchtlingsfrage zeigen sich am Beispiel Italien. Ministerpräsidentin Giorgia Meloni wurde bereits zum dritten Mal von der Justiz daran gehindert, Mittelmeerflüchtlinge außerhalb der EU in Lagern unterzubringen. Italien musste erneut 43 Männer aus Ägypten und Bangladesch zurücknehmen, die zwischenzeitlich in Albanien interniert waren. Merz hatte dieses Modell in einem Interview im vergangenen Jahr als “Vorbild” bezeichnet.
Die Proteste und politischen Turbulenzen rund um die Migrationspolitik bestimmen weiterhin die Wahlkampflandschaft in Deutschland. Die Positionen der Parteien und die Reaktionen der Wähler werden in den kommenden Wochen entscheidend sein, um die Richtung des Landes in Bezug auf dieses kontroverse Thema zu bestimmen.