Eiskunstlauf: Hase/Volodin – Deutschtest bestimmt Gold-Hoffnung

Seit Beginn ihrer noch kurzen gemeinsamen Eiskunstlauf-Karriere begeistern die Berlinerin Minerva Hase und der gebürtige Russe Nikita Volodin. Bei der EM wollen sie nun Gold für Deutschland holen. Auch bei Olympia 2026 würden sie als Mitfavoriten gelten – doch dafür fehlt etwas Entscheidendes.

Die Suche nach dem perfekten Partner

Manchmal sind sogar 1,68 Meter fast zu viel. Ihre Größe bereitete der Berliner Eiskunstläuferin Minerva Hase ein Problem. Nach dem Karriereende von Nolan Seegert musste sie sich einen neuen Paarlauf-Partner suchen, doch die meisten waren zu klein. Schließlich blieb nur eine Option: Der Russe Nikita Volodin wurde Hases Trainer Dmitri Savin empfohlen. Im Eiskunstlaufen sind Nationenwechsel weitverbreitet. Das letzte deutsche Eis-Traumpaar bildeten die gebürtige Ukrainerin Aljona Sawtschenko und der Franzose Bruno Massot. Heraus kam Olympia-Gold 2018 bei den Spielen in Pyeongchang.

„Ich hatte nicht die Masse an Auswahl“, sagt Hase. „Eigentlich hieß es: Nikita oder keiner. Es war ein Sechser im Lotto, dass er genau passte – von der Größe, dem Alter und den Zielen.“ Volodin ist 1,88 Meter. „20 Zentimeter Unterschied sind die Faustregel, damit die Hebel passen“, erklärt Hase.

Eine vielversprechende Partnerschaft

Volodin kam im Juni 2022 für eine Woche zum Probetraining nach Berlin. Hase: „Das ist ein wenig wie sportliches Speeddating. Wir haben fünf Tage lang im Schnelldurchlauf alles im Training ausprobiert: Wie funktionieren die Elemente? Passt es zwischenmenschlich, oder denkt man sich: Was ist das für ein Vogel?“ Schnell war klar: Das kann funktionieren.

Obwohl sie erst seit Juni 2023 Vollzeit zusammen trainieren, ist die Bilanz stark: zwei Siege beim Grand-Prix-Finale und WM-Bronze 2024. Nun kann ab diesem Mittwoch in Tallinn (Estland) ein historischer Titel folgen. 2011 gab es zuletzt EM-Gold für Deutschland, durch Sawtchenko und ihren damaligen Partner Robin Szolkowy. Hase weiß: „Die Konkurrenz aus Georgien und Italien ist stark.“

Die Hürden der Bürokratie

Damit Hase und Volodin überhaupt für Deutschland antreten dürfen, mussten sie einen Behörden- und Verbands-Marathon bewältigen. Durch den russischen Angriff auf die Ukraine waren die Rahmenbedingungen erschwert. „Wegen der Sanktionen und der aktuellen Lage mit Russland war es sehr kompliziert, die Einreise und den Aufenthaltstitel für Nikita zu organisieren“, sagt Hase. „Das hat mich sehr viele schlaflose Nächte gekostet, bis wir das alles geschafft haben.“

Aktuell gilt Volodins Aufenthaltstitel bis Dezember. Für die Zeit danach hofft er auf einen deutschen Pass. Denn für einen Start bei Olympia 2026 in Mailand ist dieser Pflicht. „Nikita muss dafür den Deutschtest auf B1-Niveau bestehen“, sagt Hase. „Er ist seit Mai 2024 fleißig dabei, Deutschunterricht zu nehmen. Da werden wir wohl im Mai erste Testversuche machen, um mit Blick auf Olympia nicht irgendwann in Panik zu geraten.“ Bis Dezember muss der Pass vorliegen. Auch in anderen Sportarten wie Tischtennis, Basketball und Rhythmischer Sportgymnastik wird öfter eingebürgert.

Ein Blick in die Zukunft

Bei EM und der WM im März genügt laut Regeln des Weltverbands ISU dagegen, dass Hase einen deutschen Pass hat. Hier musste die Deutsche Eislauf-Union den russischen Verband um die Freigabe Volodins bitten. Russland durfte ihn bis maximal zwei Jahre nach seinem letzten internationalen Wettkampf sperren und zog dies auch durch. Erst im Mai 2023 war Volodin frei.

Mit Äußerungen zum Krieg versuchen sie sich bewusst zurückzuhalten. Hase: „Wir haben uns dazu entschlossen, politische Anliegen nicht öffentlich zu thematisieren. Unsere Leidenschaft zum Sport verbindet uns. Dies wollen wir in erster Linie nach außen tragen, und das ist es, was für uns zählt.“

Attacken – ob gegen den Russen Volodin wegen des Krieges oder von russischer Seite, weil er das Land gewechselt hat – erlebten beide noch nicht: „Bisher haben wir da sehr Glück gehabt“, sagt Hase. „Weder in echt noch auf Social Media waren wir direkten Anfeindungen ausgesetzt. Ich bin froh, dass die Leute unsere Situation differenziert betrachten und nicht pauschalisieren.“

Das Interview wurde für das Sport-Kompetenzcenter (WELT, SPORT BILD, BILD) geführt und zuerst in SPORT BILD veröffentlicht.