Oscar Wilde – Eine glitzernde Fantasiereise im Schauspielhaus Düsseldorf

Die Unbefangenheit hat sich verabschiedet, die Kritik ist verstummt. Im Schauspielhaus Düsseldorf wird das Publikum von einer glitzernden Fantasiereise umjubelt, die als Bollwerk gegen die Zumutungen der Gegenwart dient. Die neueste Produktion, “Die Märchen des Oscar Wilde erzählt im Zuchthaus zu Reading”, zusammengestellt und inszeniert von André Kaczmarczyk, plädiert für die Freiheit jedes Einzelnen. Mit Leidenschaft und Glitzerkleidern wird hier eine Welt voller Kitsch und Magie geschaffen.

Oscar Wilde, der berühmte Dichter und Dramatiker, trotzte einst der viktorianischen Moral mit Witz und Kühnheit. Seine Werke wie “Das Bildnis des Dorian Gray” und “Lady Windermeres Fächer” erfreuten sich großer Beliebtheit. Doch seine unkonventionelle Lebensweise und seine homosexuellen Neigungen brachten ihn letztendlich ins Zuchthaus. Zwei Jahre verbrachte er in Haft, seine Energie und Gesundheit wurden ruiniert, und er starb verarmt in Paris.

Die Inszenierung im Düsseldorfer Schauspielhaus nimmt die Zuschauer mit auf eine Reise in Wildes Gedankenwelt. Yascha Finn Nolting verkörpert den gefangenen Dichter in der berüchtigten Zelle des Zuchthauses von Reading. Die grauen Wände und Gitter, dargestellt auf der Bühne von Ansgar Prüwer, drehen sich fast unaufhörlich und symbolisieren die bewegliche Natur von Wildes Träumen und Erinnerungen. Der freundliche Wärter Martin, gespielt von Thomas Wittmann, wird Zeuge von Wildes schwülstigen Märchen, die voller Zauber und Magie sind.

Unter der Leitung des Komponisten und Pianisten Matts Johan Leenders erklingen gefühlvolle Violinenklänge, während Michael Fünfschilling als Nachtigall zwischen geflügelten Wesen umherschweift. Die Liebe eines Studenten und die Opferbereitschaft der Nachtigall für diese Liebe stehen im Mittelpunkt eines der Märchen. Doch die Tragik und das Scheitern dieser Liebe berühren das Publikum tief.

In einem weiteren Märchen wird die Geschichte des “Glücklichen Prinzen” erzählt, dessen opulente Statue von einem Schwälberich verarmten Menschen hilft. Doch auch hier endet die Geschichte tragisch, als der Schwälberich seinen Flug verpasst und erfriert. Ein Engel trägt die bleierne Herz des Prinzen und den toten Vogel in den Paradiesgarten. Diese märchenhaften Geschichten sind nichts für Freunde nüchterner Betrachtung, sondern berühren die Zuschauer auf einer emotionalen Ebene.

Eine besondere Note erhält die Inszenierung durch den Auftritt der Berliner Trans-Diva und Diseuse Georgette Dee, die als singender Gaststar und Mutter von Oscar Wilde auf der Bühne erscheint. In fließenden Roben und mit leidenschaftlichen Chansons trägt sie zur unwirklichen Atmosphäre der Revue bei. Der Applaus am Ende der Premiere ist enthusiastisch und zeigt die Begeisterung des Publikums für diese einzigartige Inszenierung.

Die Inszenierung “Die Märchen des Oscar Wilde erzählt im Zuchthaus zu Reading” ist eine beeindruckende Textcollage nach Vorlagen von Oscar Wilde und historischen Dokumenten. André Kaczmarczyk hat das Stück mit viel Liebe zum Detail dramatisiert und inszeniert, während die Musik von Matts Johan Leenders die Magie der Märchen untermalt. Die nächsten Vorstellungen finden am 25. März, 4., 14. und 20. April sowie am 10. Mai auf der großen Bühne des Düsseldorfer Schauspielhauses statt. Tickets und weitere Informationen sind unter www.dhaus.de erhältlich.